Im Tongariro Nationalpark habe ich anderthalb wunderschöne Tage verbracht. Am ersten Tag hatte ich einen Guide engagiert, um das Tongariro Alpine Crossing, die beliebteste Tageswanderung in Neuseeland, zu machen. Dabei handelt es sich um eine 19,4 km lange Wanderung über Vulkanberge und vorbei an Vulkankratern.
Wir sind morgens gegen 9 Uhr am Mangatepopo Car Park gestartet. Da ich eine leichte Erkältung hatte und das Tongariro Alpine Crossing über 700 Höhenmeter Steigung und zwar auf recht kurzer Strecke hat, hatte ich mit dem Guide abgesprochen, das wir schauen, wie es mir geht, und es entweder durchziehen oder umdrehen und noch einen anderen Teil des Nationalparks angucken.
Am Anfang der Wanderung zeigt ein großes Schild die verschiedenen Abschnitte der Wanderung, insbesondere auch das Höhenprofil sowie das aktuelle Wetter an verschiedenen Stellen des Weges.
Der erste Teil der Wanderung durch das Mangatepopo Valley war sehr angenehm zu laufen. Der Weg war gut ausgebaut und über weite Strecken gab es sogar einen Boardwalk. Die Heide lässt den Tongariro Nationalpark ein bisschen aussehen wie die schottischen Highlands. Die Pflanzen sind allerdings nicht in Neuseeland heimisch, sondern wurden vor über hundert Jahren angepflanzt, weil man versuchen wollte, im Tongariro Nationalpark Auerhähne auszuwildern und so- wie in Schottland – Grouse Shooting zu etablieren. Die Heide ist eine echte Pest, aber sie kommt mit dem vulkanischen Boden sehr gut zu recht und ist schwierig auszumerzen.
Im letzten Abschnitt im Tal gab es dann schon einige kleine Anstiege, aber es war noch gut zu schaffen. Leider war das Wetter nicht so gut, es regnete leicht und ich musste meine Kamera immer wieder unter meiner Fleece-Jacke verstecken. Die Berge weiter oben waren ebenfalls wolkenverhangen.
Als wir in Soda Springs angekommen sind und der erste echte Anstieg vor uns lag, habe ich entschieden umzudrehen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich mir einen Gefallen tun würde, wenn ich in meiner Verfassung versuchen würde weiter zu wandern. Außerdem war das Wetter wie gesagt auch nicht optimal und die Chancen standen aus meiner Sicht recht gut, dass ich die Kraterseen, für die das Tongariro Alpine Crossing so berühmt ist, ohnehin nicht oder jedenfalls nicht im Sonnenschein würde sehen können.
Während wir in Soda Springs die Aussicht ins Tal genossen, schien dort die Sonne und gleichzeitig regnete es. Das gab einen sehr schönen Regenbogen. Glücklich, diesen Regenbogen gesehen zu haben, drehte ich mit meinem Guide wieder um und machte mich auf den Rückweg zum Mangatepopo Car Park.
Auf dem Weg habe ich mich wunderbar mit Terry, meinem Guide, unterhalten. Terry war – die Welt ist so klein – 1989 ein Jahr als Austauschschüler in Erftstadt. Von allen Orten in Deutschland war er ausgerechnet ein Jahr im Rhein-Erft-Kreis. Sein Deutsch war immer noch hervorragend und er hatte offensichtlich Freude daran, wieder einmal Deutsch sprechen zu können. Terry hat mir nicht nur viel über die vulkanische Landschaft um uns herum erzählt, z.B. dazu von wann einzelne Lavaströme, die zu sehen waren, stammten, sondern auch viel über Neuseeland an sich. So hat er mir z.B. erklärt, dass sich Neuseeland vor vielen Jahren entschieden hat, das britische „first past the post“-Wahlsystem abzuschaffen und ein Wahlsystem wie in Deutschland, hier „mixed member proportional representation“ genannt, einzuführen. Und er hat mir erklärt, warum in Neuseeland, wo die Milchindustrie eine der größten Industrien überhaupt ist, Milchprodukte so teuer sind. Da es keine Kontrolle der Preise gibt, verkaufen die Farmer ihre Milch für den heimischen Markt zu demselben hohen Preis, den sie erzielen würden, wenn sie die Milch an eine Fabrik verkaufen würden, die Milchpulver produziert. Daher ist ein Liter Milch in Neuseeland teurer als ein Liter Benzin.
Auf dem Rückweg haben wir einen kleinen Stopp an der Mangatepopo Hut gemacht. In dieser Hütte kann man übernachten, wenn man die Mehrtageswanderung auf dem Tongariro Northern Circuit macht. Man muss die Hütte nur vorbuchen. Es gibt sogar einen Ranger, der dort Tag und Nacht vor Ort ist. Die Hütte sah sehr modern und gut ausgestattet aus. Dort hätte man sicher sehr komfortabel übernachten können.
Nachdem wir wieder am Parkplatz angekommen waren, sind wir zunächst zum Whakapapa Ski Resort hinauf gefahren. Dort wird gerade eine Gondelbahn gebaut, die dritte in Neuseeland, von der man sich mehr Tourismus das ganze Jahr über verspricht, da die Skisaison nur drei Monate lang ist.
Im Bereich des Ski Resort befindet sich auch ein Drehort von Herr der Ringe – eine Felswand, vor der die Szene gedreht wurde, in der Sauron den Ring verliert. So oder so ähnlich. Terry hat es mir erklärt, aber da ich kein Herr der Ringe-Fan bin, mag ich es auch falsch verstanden haben. Jedenfalls kraxelten ein paar Leute jenseits der Wege in Richtung dieser Felswand und Terry meinte, das müssten Herr der Ringe-Fans sein.
Im Anschluss haben wir im Whakapapa Village unsere Mittagspause gemacht und uns dabei weiter blendend unterhalten.
Den Nachmittag haben wir dann mit einer Wanderung zu den Taranaki Falls verbracht. Diese Wanderung war auch mit meiner leichten Erkältung gut zu schaffen. Das Wetter war jetzt überwiegend gut, sodass ich die Kamera wieder rausholen und ein paar schöne Fotos machen konnte. Hier hat definitiv mehr die Sonne geschienen als in den Bergen.
Die Taranaki Falls waren sehr schön anzugucken und wir sind sogar bis fast hinter den Wasserfall geklettert. Leider war es ein bisschen zu windig und wir wurden schon so naß gespritzt, sodass wir nicht ganz hinter den Wasserfall klettern konnten.
Nachdem wir wieder im Whakapapa Village am Parkplatz waren, hat Terry mich gefragt, ob ich noch das Information Center angucken wolle, aber ich war schon ziemlich fertig und habe ihn gebeten, mich wieder zurück zur Jugendherberge zu fahren.
Zurück in der Jugendherberge habe ich mich beim Abendessen mit einem Paar aus Österreich sowie zwei Reisenden aus der Schweiz und aus Hannover unterhalten. Der Schweizer hatte das Tongariro Alpine Crossing an diesem Tag gemacht, erzählte aber, dass die Sicht teilweise nur von einem Begrenzungspfahl zum nächsten gereicht hätte und er die Kraterseen nicht wirklich gut habe sehen können. Es war also kein Fehler umzudrehen.
Das Information Center habe ich mir dann am nächsten Morgen angesehen. Allerdings nicht bevor ich vor der Abfahrt an der Jugendherberge und auf dem Weg zum Information Center ein paar richtige schöne Bilder vom Morgenhimmel gemacht hatte.
Im Information Center gibt es neben einer Ausstellung über die Vulkane des Tongariro Nationalpark und die letzten Ausbrüche auch eine Ausstellung über „pests“, nach Neuseeland eingeführte Tierarten, die eine Bedrohung für die heimischen Tierarten darstellen. So wurden z.B. zur Bekämpfung einer Kaninchen-Plage (auch diese wurden eingeführt) Hermeline eingeführt. Diese haben sich leider rasend verbreitet und sind einer der größten Feinde des neuseeländischen Nationalvogels, des Kiwi. Um den Kiwi zu retten, werden mittlerweile die Eier der Kiwis eingesammelt und die Kiwis erst wieder ausgewildert, wenn sie so groß sind, dass sie eine Chance haben nicht mehr gefressen zu werden.
Bei der Ausstellung über die Vulkanausbrüche im Tongariro Nationalpark wurde u.a. auch darüber berichtete, dass bei einem Ausbruch große Gesteinsbrocken wie riesige Gesteinsbomben aus dem Krater ausgeworfen werden und mit bis zu 200 km/h durch die Luft fliegen. Beim letzten größeren Ausbruch 2012 wurde die Ketetahi-Hütte am Tongariro Alpine Crossing durch solche herumfliegenden Felsbrocken getroffen. Zum Glück war zu diesem Zeitpunkt niemand in der Hütte. Die Hütte kann seitdem nicht mehr für Übernachtungen genutzt werden und wird nächstes Jahr komplett abgebaut. Bei einem anderen Ausbruch hatte ein Wanderer in einer anderen Hütte weniger Glück. Die Hütte, in der er mit einem Begleiter schlief, wurde ebenfalls von herumfliegenden Felsbrocken getroffen und er wurde so schwer verletzt, dass sein rechts Bein unterhalb des Knies amputiert werden musste. Daran sieht man, dass das Wandern im Tongariro Nationalpark durchaus nicht ohne Gefahren ist.
Vom Informationszentrum bin ich zum Parkplatz für die Tawhai Falls gefahren, um dort noch eine kurze Wanderung zu machen. Zum Glück habe ich mein Stativ und meine Filter mitgenommen, denn so konnte ich von den Tawhai Falls ein paar wirklich schöne Bilder machen. Auch die Tawhai Falls sind ein Drehort für Herr der Ringe – hier steht mittlerweile sogar bei Google Maps „Tawhai Falls (Gollums Pool)“.
Mein letzter Stopp im Nationalpark vor der Weiterfahrt nach Wellington war dann der Mounds Walk. Diese kleinen Hügel sind ebenfalls im Rahmen eines Vulkanausbruchs entstanden und bieten einen schönen Blick in Richtung Mount Ngauruhoe und Mount Tongariro.
Danach ging es auf die Fahrt nach Wellington. Diese habe ich zweimal unterbrochen, einmal in Taihape, um mittags schnell eine Pie zu essen, und einmal beim Moomaa Café, um einen Kaffee zu trinken. Das Moomaa Café war eine echte Entdeckung. Mitten in der Pampa an der Straße ein so schönes Café mit richtigem gutem Kaffee und sehr, sehr leckeren Cookies.
Kurz vor Wellington habe ich dann in Levin noch das Auto voll getankt. Terry hatte mich gewarnt, dass in Levin die letzte Chance sei, günstig zu tanken. Ich habe trotzdem 1,99 NZD pro Liter bezahlt. Da hätte ich besser mal bei meiner Mittagspause in Taihape getankt. Da kostete es nur 1,85 NZD. Aber Terry hatte schon recht, je näher ich an Wellington herankam, umso teurer wurde es. Ich bin mal gespannt auf die Benzinpreise auf der Südinsel.
Mein Hostel habe ich gut gefunden in Wellington und um Wellington herum war der Verkehr auf deutlich weniger dicht als um Auckland herum.