Yaba Shengjian – Allein unter Chinesen

An meinem ersten Nachmittag in Suzhou bin ich in einem im Lonely Planet empfohlenen Restaurant Essen gegangen, das für seine „shengjian bao“, mit Fleisch und Suppe gefüllte Dumplings, die zunächst gedämpft und dann von unten angebraten werden, bekannt ist. 
Hier ist alles nur auf Chinesisch. Wenn man den Laden betritt, muss man an einer Theke seine Bestellung aufgeben und bekommt dann einen Kassenbon, mit dem man sich in die Schlange von Wartenden einreihen muss, die quer durch den ganzen Laden geht.
Ich hatte mir vorher die Bewertungen bei Tripadvisor durchgelesen und so herausgefunden, dass es neben den shengjian bao auch verschiedene Suppen gibt und dass man statt acht Dumplings, der normalen Portion, auch nur vier Dumplings bestellen kann. Also habe ich mich mutig in der Schlange an der Theke angestellt und in etwas gebrochenem Chinesisch erklärt: „Wo yao shengjian baozi. Si ge. He yao yi ge niurou mian tang“ – „Ich möchte Shengjian Baozi. Vier Stück. Und eine Rindfleischnudelsuppe.“ Die Damen haben mich trotzdem auf Anhieb verstanden. Sie sagten mir, dass ich fünfzehn Yuan bezahlen müsse und gaben mir im Gegenzug meinen Kassenbon. Nun hieß es warten.
Als ich der Essensausgabe näher kam, konnte ich erkennen, dass man am ersten Fenster seine Dumplings bekam und am zweiten seine Suppe. 
Nachdem ich beides eingesammelt hatte und mir noch etwas Sojasauce zum Dippen besorgt hatte, bin ich mit meinem Tablett in den ersten Stock gegangen. Dort gibt es noch mehr Sitzplätze und es ist ein bisschen ruhiger und auch luftiger. Auch hier hatte mir Tripadvisor gute Dienste geleistet, denn wenn ich nicht vorher gelesen hätte, dass man oben auch noch sitzen kann, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, die Treppe in der Ecke hochzugehen. Zum Glück hatte ich bei Tripadvisor auch gelesen, dass die Suppe in den Dumplings sehr heiß ist und man am besten zunächst ein kleines Loch reinbeißt, sie dann etwas abkühlen lässt, die Suppe rausschlürft und den Dumpling erst dann in den Mund steckt. 
Es hat alles sehr gut geschmeckt. Mehr als vier Dumplings hätte ich aber auf keinen Fall essen können.
Und weil es mir so gut gefallen hat, bin ich am nächsten Abend wieder hin. Wieder war ich allein unter Chinesen. Dieses Mal habe ich den Damen an der Theke ein Foto von Tripadvisor gezeigt, auf dem ihre Wantan-Suppe zu sehen war und habe wieder vier Shengjian Baozi bestellt. An der Essensausgabe drohte dann aber alles schiefzulaufen. Als ich ganz nach vorne vorgerückt war, waren gerade die Shengjian Baozi ausgegangen. Während wir auf die Baozi warteten, nahm eine der Mitarbeiterinnen mir schon die Hälfte meines Kassenbons weg, auf dem die Baozi draufstanden. Als es wieder Baozi gab, wollte mir eine andere Mitarbeiterin meine Baozi aber nur gegen den Kassenbon geben, wie es sich ja auch gehört. Leider nahm sie mir nun die andere Hälfte meines Kassenbons weg, auf der doch meine Suppe stand und die ich am zweiten Fenster noch brauchen würde. Ich sah mich schon leer ausgehen. Ziemlich irritiert zeigt ich auf den Stapel, wo sie die Kassenbons sammelte und versuchte auf Chinesisch „Meine Suppe“ zu sagen. Ich bekam meinen Bon nicht wieder. Die drei Küchenmitarbeiter erzählten sich irgendetwas. Ich wurde noch unruhiger, rückte aber trotzdem weiter zum Suppen-Fenster vor. Nun erinnerte ich mich daran, dass ich in der Warteschlange stehend mit dem Handy ein Foto von meinem Kassenbon gemacht hatte, um es hier in den Blog einzustellen. 

Ich war erleichtert und zeigte dem Mitarbeiter das Foto. Er lachte. Offenbar hatten die Dumpling-Damen meine Bestellung schon weitergegeben. Verwechslungen sind ja auch ausgeschlossen – ich war ja wie gesagt allein unter Chinesen. Wahrscheinlich haben die Damen zu dem Herrn gesagt, dass die verrückte Ausländerin eine Wantan-Suppe bekommt. Die bekam ich dann auch. Noch leckerer als die Rindfleischnudelsuppe vom Vortag.